Die Beschaffung der Schiffe in der Modernisierungsphase der Bundesmarine


 

Zu den größten Marineprojekten der 60er Jahre gehörte die Beschaffung der Flugkörper-Zerstörer der "Lütjens-Klasse" (Interne Marineklassifizierung "Klasse 103", später nach Kampfwertsteigerung "Klasse 103 A" und "103 B") in den USA , die die Modernisierung der schwimmenden Verbände der Flotte einleiteten. Zu Beginn der 60er Jahre war der Bau von Flugkörperzerstörern akut geworden, nachdem SHAPE, als das für die NATO-Verteidigung in Europa verantwortliche Oberkommando, die Bereitstellung dieser kampfkräftigen Einheiten durch die Bundesmarine gefordert hatten. Nach längeren Verhandlungen wurde festgelegt, daß von ihr (Bundesmarine) mindestens sechs Flugkörperzerstörer zur Verstärkung der Verteidigung des nordeuropäischen Raums zu beschaffen waren. Diese Forderung wurde später auf drei Schiffe diesen Typs reduziert. Anmerkung: Die Reduzierung auf drei Einheiten geschah damals aus Kostengründen. Um die Anzahl der geforderten Einheiten mit Lenkwaffen zu genügen, begann man mit Planungen, die Schiffe des 2. Zerstörergeschwaders (Typ 55 "Klasse 101" oder auch "Hamburg-Klasse") mit Lenkwaffen des Typs "Exocet" auszurüsten. Dieser Schritt wurde bis Mitte der 70er Jahre vollzogen. Diese recht anspruchsvolle und kostenintensive Modernisierung der Flotte musste vollzogen werden, weil die Flotten der Staaten des Warschauer Vertrages bereits mit Waffensystemen dieser Art aufwarteten.

 

Die Marineführung beabsichtigte zunächst, diese Flugkörperzerstörer gemeinsam mit der Abteilung Wehrtechnik des Bundesverteidigungsministeriums selbst zu entwickeln und von einer deutschen Werft bauen zu lassen. Entsprechende Vorarbeiten liefen auch an. Mehr und mehr zeigte sich jedoch im Laufe der Zeit, dass man sich mit diesem Vorhaben erheblich übernommen hatte. Man hatte bei weitem die Schwierigkeiten unterschätzt, die mit der Integration eines Waffensystems wie der Flugkörperbewaffnung mit den zuständigen Ortungs- und Rechenanlagen in ein Schiff zusammenhängen. Die bisher auf deutschen Werften gebauten Fregatten und Zerstörer waren reine Artillerie- und Torpedoträger. Selbst wenn bei der Entwicklung, dem Bau- und der Erprobungsphase alles glatt gelaufen wäre, hätte dieses Vorhaben frühestens Mitte bis Ende der 70er Jahre der Marine neue Flugkörperträger beschert. Dieses Risiko konnte und wollte man nicht eingehen.


Bild links:

Im Juni 1968 besuchte die "Charles F. Adams" (DDG2), das Typschiff einer modernen Zerstörerflotte der US Navy, sozusagen als Vorbote den künftigen Heimathafen Kiel des neu aufzustellenden 1. Zerstörergeschwaders. Auf dem Bild links bei der Passage durch den Nord-Ostsee Kanal.

Die drei deutschen Einheiten unterschieden sich jedoch erheblich von ihren amerikanischen Vorbildern. Neben einer völlig anderen Mastanordnung und einer günstigeren Anordnung der Sensoren, die den Schiffen ein unverwechselbares aussehen verliehen, wurden weiterhin eine Vielzahl von Änderungen im Schiff vorgenommen.

Die Änderungen und Erweiterungen waren so umfangreich, dass die drei deutschen Schiffe eine eigene Klassifizierung erhielten. Die drei Lenkwaffenzerstörer der "Lütjens-Klasse" gehörten in ihrer Klasse mit ihrer Indienststellung zu den modernsten Schiffen weltweit.

 


So kam es der Marineführung sehr entgegen, als die US Marine, die diese Schwierigkeiten mitverfolgt hatte, im Sommer des Jahres 1964 an das Bundesverteidigungsministerium mit einem ungewöhnlichen Vorschlag herantrat: Eine Gruppe von Schiffsbauexperten der US Marineleitung schlug vor, das Problem mit einem "Schwesterschiff-Programm" zu lösen. Die Experten der US Marine sowie der Bundesmarine schlugen nach längeren Beratungen vor, auf das Zerstörerprogramm der US Marine aufzusetzen. Von den Zerstörern der "Charles F. Adams Klasse" wurden bereits 27 Einheiten gebaut. DDG1 fuhr als Erprobungsträger, DDG2 - DDG24 dienten in der US Navy, weitere drei Einheiten (DDG25 - DDG27) wurden erst kurz vor zuvor an die Australische Marine übergeben.

 

Gewisse Bedenken für eine Verwendung im nordeuropäischen Küstenbereich bestanden zwar  wegen des verhältnismäßig großen Tiefgangs der Schiffe von 6,10 Metern, da die Möglichkeit eines Passierens der dänischen Meerengen, einschließlich des Öre-Sunds , von der Bundesmarine unabdingbar gefordert wurde. Dieses Problem wurde konstruktiv dadurch gelöst, dass man auf den tiefgehenden "Sonardom" (U-Bootortung) verzichtete und stattdessen das Sonargerät im untersten Teil des Bugs der Schiffe in Tropfenform anbrachte, die aus schiffbaulichen Gründen ohnehin bei schnellen Schiffen (Wulstbug) vorhanden ist. Das gleiche hatte man bereits bei drei Zerstörern des gleichen Typs praktiziert, die von den USA kurz zuvor an die australische Marine geliefert worden waren.

Nachdem sich die Marineexperten einig waren, der Haushaltsausschuss des Bundestags zugestimmt hatte, sowie die Vertragsverhandlungen im Pentagon  abgeschlossen waren, vergab die US Navy den Bauauftrag an die Bauwerft "Bath Iron Works" in Bath Bundesstaat Maine. Diese Werft hatte eine lange Tradition und viel Erfahrung im Zerstörerbau. Eine Direktvergabe des Bauauftrags der Bundesmarine an die Bauwerft war nicht möglich, da die US Gesetze dies nicht zuließen. So wurden die drei deutschen DDG`s im Auftrag der US Navy für die Bundesmarine gebaut.

 

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